Tag 77 – 24. August
Die Wandergruppe macht sich bereits um 7:30 Uhr auf den Weg. Ich will mich kurz darauf von dem jungen Pärchen verabschieden und frage nur der Form halber, ob sie einen Schlüssel für die Hütte haben.
Haben sie nicht. Oje. Sie waren der Meinung, das Vorhängeschloss auch ohne Schlüssel schließen zu können.
In Windeseile packen sie zusammen und räumen ihr Zimmer auf. Um 8 Uhr ziehe ich bei Sonnenschein los – erstmals ohne Regengewand.

Doch die Freude über das gute Wetter hält keine Stunde. Bald bläst ein eisiger Wind feinen Sprühregen daher. Immerhin zaubert die Sonne noch einen Regenbogen.

✨ Magischer Moment
So viele Regenbögen wie in den letzten Tagen habe ich in den letzten zehn Jahren daheim nicht gesehen. Ein Naturschauspiel, das die Kälte kurz vergessen lässt.
Durch den Wind fühlt sich die Luft wie unter null Grad an. Meine Zehen sind taub, aber ich komme gut voran – Pausen sind ohnehin keine Option. Ich freue mich regelrecht auf die letzten zehn Kilometer auf der Straße. Erstens keine nassen Sümpfe mehr, zweitens geht es einfach schneller in Richtung Hütte.
Die letzten drei Kilometer führen über die berüchtigte E6, die Hauptverkehrsroute durch Norwegen. Zu meiner Überraschung ist kaum Verkehr – ein gutes Omen für morgen.

Denn dann will ich die 32 Kilometer bis zur Lønstua auf der Straße gehen, um im Polarkreiscenter die Überquerung des Polarkreises zu feiern. Und: So gewinne ich einen Tag, den ich über die Berge gebraucht hätte.
📌 Info: Die E6
Die Europastraße 6 ist mit 3.088 Kilometern die längste Straße Norwegens – von Trelleborg in Südschweden bis Kirkenes an der russischen Grenze.
Am Abend bleiben zwei Mädels aus der Damen-Wandergruppe ebenfalls in der Bolnastua. Sindre, der Freund einer der beiden, kommt nach und bringt jede Menge Essen mit. Er kocht groß auf und wir können so richtig zulangen.
Satt und zufrieden neigt sich der Tag dem Ende zu. Vielleicht später noch ein Stück Schokolade – und der Energiehaushalt ist wieder im Lot.