Ein weiterer sonniger Morgen bricht an. Nach dem Gewaltmarsch gestern lasse ich es ruhig angehen. Um 7 Uhr koche ich mir die erste Tasse Tee. Heute stehen zwar 1.000 Höhenmeter an, aber zum Glück sind es „nur“ 22 Kilometer.
Vom Sulitjelma Turistsenter geht es zunächst auf der Straße bergab in den Ort. Ein Auto hält neben mir, und der ältere Fahrer bietet mir eine Mitfahrgelegenheit an – das erste Mal überhaupt in Norwegen. Ich muss dankend ablehnen und erkläre ihm, dass ich Norge på langs gehe. Er nickt und schenkt mir ein verständnisvolles Lächeln.
Im Ort sehe ich einen rüstigen Pensionisten bei der Gartenarbeit. Als ich grüße, kommt er zu mir an die Straße. Er spricht zwar nur Norwegisch, aber erstaunlicherweise verstehe ich viel. Er lädt mich ein, sein Museum zu sehen, und so folge ich ihm in seinen Schuppen. Dort sammelt er Bücher über Abenteurer, Bergsteiger, Tiere und Natur, dazu Ausrüstungsgegenstände fürs Leben im Freien. Ausgestopfte Tiere und Sami-Objekte runden die Ausstellung ab.

Der Mann stellt sich als Cato Hultmann vor – 85 Jahre alt. In dem kleinen Interview, das er spontan mit mir führt, erzählt er von seiner Leidenschaft für die Natur. Später auf der Sorjushütte treffe ich einen älteren Mann aus Bodø, der mir berichtet, dass Cato früher Journalist war und viele Bücher geschrieben hat.
Cato fotografiert mich in seinem Museum, auf seiner Gartenbank und beim Schultern meines Rucksacks. Ich fühle mich fast ein wenig berühmt. Beeindruckend, wie vital und leidenschaftlich er mit seinen 85 Jahren ist – in seinen strahlend blauen Augen lodert noch immer ein Feuer. Nach einer Dreiviertelstunde verabschiede ich mich von einem bemerkenswerten Menschen.
Mittlerweile ist es Mittag, und hungrig falle ich beim Coop ein, um für die nächsten 9 Tage Essen zu kaufen. Natürlich viel zu viel – was ich sofort bei den nun beginnenden 1.000 Höhenmetern spüre.
Ab der Ny Sulitjelma Fjellstue wird der Weg alpin. Rechts von mir leuchtet der Gletscher Sulitjelmaisen, links der mächtige Blåmannsisen. Dazwischen glasklare Bergseen, Altschneefelder und unzählige Steine in allen Formen und Größen, über die ich balanciere.
Und dann: der erste Blick auf die Sorjushytta. Einmalig schön gelegen, mitten in der wilden Landschaft. Ich freue mich auf einen gemütlichen Ausklang des Tages in dieser klassischen DNT-Hütte – meiner letzten in Norwegen.
