Als ich aufstehe, liegen Simon und Anna-Maria noch gemütlich in ihren Schlafsäcken. Vor dem Fenster grasen zwei Rentiere – ein friedlicher Start in den Tag.

Simon steht schließlich auf und heizt den Ofen ein. Ich vermute, dass die beiden erst gegen 9 Uhr losziehen werden. Für mich heißt es jedoch schon früher Abschied nehmen.
Besser könnte meine Tour kaum verlaufen:
Mein erstes Ziel – 1.000 km bis zum Familienurlaub – ist erreicht.
Das zweite Ziel – der Polarkreis – liegt längst hinter mir.
Mein drittes Ziel – mein erstes Nordlicht – habe ich in Abisko gefeiert.
Und als Sahnehäubchen treffe ich am 100. Tag meiner Reise den Mann, der mich überhaupt erst auf die Idee zu dieser Norge-på-langs-Tour gebracht hat.
Heute nehme ich eine Abkürzung, dank Peters GPX-Track aus der Schweiz. Statt zwei Tagen soll es nur einen bis zur Nedrefosshytta dauern. Der Pfad führt querfeldein, und die Landschaft bleibt die meiste Zeit im Nebel verborgen. Hin und wieder nieselt es, doch immerhin bleibt der Wind aus.

Kurz vor dem Abstieg ins Reisadalen lichtet sich der Nebel. Plötzlich liegt das gewaltige Tal vor mir – ein eindrucksvoller Anblick. Je tiefer ich steige, desto blauer wird der Himmel.

Unten folge ich dem Fluss noch rund sechs Kilometer aufwärts bis zur Nedrefosshytta. Diese DNT-Hütte ist eine Ausnahme: Sie wird nicht mit dem Zentralschlüssel geöffnet. Stattdessen muss man im Voraus reservieren und bekommt den Zahlencode für das Vorhängeschloss per E-Mail zugeschickt.
Die Hütte ist groß, aber gemütlich. Der Ofen wärmt den Raum schnell auf, und so trocknen meine Sachen, während ich den Abend allein mit Lesen und Schokolade verbringe – zufrieden und voller Dankbarkeit für die letzten Tage.
ℹ️ Infoblock: Reisadalen Nationalpark
Das Reisadalen gehört zu den spektakulärsten Tälern Nordnorwegens. Tiefe Schluchten, mächtige Wasserfälle und steile Felswände prägen die Landschaft.
Besonders bekannt ist der Mollisfossen, einer der höchsten Wasserfälle Norwegens mit über 270 m Fallhöhe.