Was haben sternenklare Herbstnächte so an sich?
Richtig – es wird eisig. Am Morgen glitzert das Zelt vor Reif, und ich muss mich erneut überwinden, den warmen Schlafsack zu verlassen. Wärme? Fehlanzeige – in diesen Breiten wird es um diese Jahreszeit einfach nicht mehr mild.

Immerhin werde ich mit einem goldenen Sonnenaufgang belohnt. Ich genieße mein Müsli im Stehen draußen, Gesicht zur Sonne – ein perfekter Start, bevor es auf die Straße geht.
Kurz nach dem Losgehen hält ein Jeep.
Der Fahrer, ein junger Mann, fragt freundlich, ob er mich mitnehmen soll.
„Nei, tusen takk – ich gehe Norge på langs.“
Er lächelt und fährt weiter.
Wenig später tuckert ein älterer Sámi auf einem Quad heran. Am Gürtel baumelt ein traditionelles Messer, fast so groß wie eine Machete.
Das Gespräch auf Norwegisch ist knapp und herzlich:
Er: „Willst du mitfahren?“
Ich: „Nein danke, ich gehe Norge på langs.“
Er nickt nur: „Da musst du gehen.“ – und verschwindet wieder über die Hochebene.
Die Landschaft zeigt sich heute von ihrer schönsten Seite. Das Licht lässt die Herbstfarben leuchten, und diese Etappe der E6 ist für mich bisher eine der eindrucksvollsten – wenig Verkehr, viel Weite, und immer wieder Schilder für meinen persönlichen Kilometer-Countdown zum Nordkapp.



Unterwegs reift ein Plan:
Wenn ich heute ein paar Kilometer dranhänge, könnte ich bei der nächsten Bushaltestelle den Bus nach Olderfjord erwischen – und dort direkt am Meer zelten.
Meer bedeutet: ein paar Grad wärmer als hier oben auf dem Plateau.
Gesagt, getan. Ich nehme mir Zeit für Pausen – die Fußsohlen danken es mir – und erreiche am Nachmittag Skaidi.

Dort wartet eine Tankstelle mit Gasthaus – was für ein Glück!
Ein Burger mit Pommes und ein Cola sind schnell bestellt.
Ich habe 40 Minuten bis zur Abfahrt des Busses … denke ich.
Als ich gerade das Besteck weglege, rollt ein gelber Bus zehn Minuten zu früh vor.
Ich schnappe meinen Rucksack, renne los, drehe noch einmal um, um die Stöcke zu holen – und bin rechtzeitig da.
Entwarnung: Es ist nicht mein Bus, sondern eine andere Linie, die aber ebenfalls nach Olderfjord fährt.
So komme ich am frühen Abend entspannt beim Campingplatz am Meer an – kurz bevor die Rezeption schließt.
Morgen geht’s mit dem Bus zurück zur E6 und dann mit den neuen Laufschuhen wieder Richtung Meer.