Irgendwann in der Nacht hat der Wind beschlossen, dass mein Zelt heute seine persönliche Spielwiese ist. Ab 3 Uhr rüttelt er dran wie ein Kind an der Wundertüte – neugierig, ungeduldig und ohne Rücksicht. Ich bleibe stoisch liegen. Um diese Uhrzeit ist selbst die Motivation noch im Tiefschlaf.
Um 5 Uhr gebe ich auf. Es ist so kalt und windig, dass ich sogar auf das Frühstück verzichte – denn nur wenige Kilometer bis Mårbu, dort wartet ein Dach über dem Kopf.
Kurz nach 6 Uhr komme ich an und wecke aus Versehen zwei Norwegerinnen. Aber keine Spur von nordischer Kälte: Sie bleiben völlig entspannt, wir plaudern, während ich mich mit Müsli und Tee auf Betriebstemperatur bringe.
Gestärkt geht es weiter. Der Wind hat die Wolken verjagt, dafür bleibt die Temperatur hartnäckig im einstelligen Bereich. Das volle Set kommt zum Einsatz: Windjacke, Handschuhe, Stirnband, Sonnenbrille – nicht für den Glamour (na gut ein bisschen vielleicht), sondern weil der Wind frontal ins Gesicht bläst und die Augen austrocknet wie alte Wandfarbe.

Dafür ist der Weg heute wie im Wanderprospekt: gut begehbar, kaum Sumpf, keine nassen Füße. Da bekommt man regelrecht ein runners high.
Bei der Abzweigung nach Rauhelleren lockt die warme Hütte mit Ofen, Couch und vielleicht einem Wiedersehen mit den beiden Mädels. Verführerisch. Aber ich bleibe standhaft. Der Wetterbericht verspricht für die Nacht weniger Wind – und das will ich ausnutzen. Ich mache (eingewickelt in die Zeltunterlagsmatte – ja sowas habe ich mit) eine kurze Pause. Bevor ich es mir mit der Hütte doch noch überlege, ziehe ich weiter.

Am Djupa-Fluss finde ich einen perfekten Zeltplatz. Ich lege mich kurz hin – Powernap Deluxe. Als die Kälte mich wieder weckt, gibt’s Kekse (medizinisch indiziert, versteht sich). Dann wird gestopft (die Socken), Bilanz gezogen (gute 26 km), gekocht (Couscous verfeinert mit Rosinen und einem SchussOlivenöl) und sich frisch gemacht (abenteuerlich kalt – Beate sei Dank, habe ich einen ultraleichten Waschlappen).

Und zum Abschluss: der erste richtige heiße Kakao der Tour. Ein Schatz, den ich im Proviantbeutel hüte, wird mit Hingabe genossen. Ein stiller Triumphmoment – fast schon ein Lagerfeuer-Kitschklischee. Aber verdient.