Die Nacht war kühl – gemerkt habe ich es an meiner kalten Nasenspitze. Der Rest des Körpers blieb kuschelig warm eingepackt im Schlafsack. Da es heute angeblich nicht weit ist (dachte ich zumindest in naiver Vorfreude), gönne ich mir noch ein paar Minuten Liegenbleiben.
Oha – plötzlich wird es hell im Zelt. Richtig hell. Das kann nur heißen: Sonne! Also raus aus den Federn, das muss genutzt werden.
Beim Frühstück dann die Überraschung: In einer Ecke meines Rucksacks finde ich eine ganze Ziplock-Tüte Müsli, von deren Existenz ich nichts mehr wusste. Da hätte ich die letzten Tage ruhig etwas großzügiger essen können.
Laut Komoot liegt nur noch eine Anhöhe vor mir, dann geht’s ins Tal hinunter. Ich freue mich schon.

Doch das ist wieder mal nur graue Theorie. Die Realität besteht aus endlosen Wellen: rauf, runter, wieder rauf. Als ich endlich die Straße im Tal sehe, denke ich: „Nicht mehr weit!“ Aber natürlich habe ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht.
Es gilt, in dichtem, nordischem Mischwald einen nicht vorhandenen Weg zu finden. Wie das gehen soll? Keine Ahnung. Der E1 nimmt jedenfalls keinerlei Rücksicht auf Geländeformen. Er führt mitten über einen tiefen Graben, gespickt mit moosbewachsenen Felsbrocken. 30 Meter steil hinunter, 30 Meter auf der anderen Seite fast senkrecht wieder hinauf. Schimpfen bringt nichts – habe ich probiert. Also stoisch einen Fuß vor den anderen setzen. Ja, genau das ist Abenteuer.


Als ich schon fast nicht mehr daran glaube, jemals aus diesem grünen Labyrinth herauszukommen, stehe ich plötzlich auf Asphalt. Jetzt sind es nur noch 12 Kilometer Straße. Und am Ende warten drei Dinge: shoppen, duschen, essen gehen.
Das Beste: Als „Norge på langs“-Wanderer wird man hier mit einem gratis Essen samt Getränk empfangen. Tusen takk! Solche Momente lassen mich sprachlos, dankbar und glücklich zurück. Trail Magic eben.