Fünfhundert

Das war sie – die wohl beste Nacht im Zelt bisher. Tief und fest geschlafen, draußen nieselt es nur ganz leicht. Eigentlich perfekt, um noch ein bisschen liegen zu bleiben. Das Zelt ist sowieso schon nass, da kommt es auf ein paar Minuten nicht an. Aber wie heißt es so schön:  NPL schafft man nicht liegend. Mmmhh oder vielleicht doch?

Also raus. Der Himmel ist grau, der Wind ist zurück – diesmal allerdings von hinten, als wolle er mich persönlich aus der Hardangervidda blasen. Vielleicht ist das seine Art von „Auf Wiedersehen“. Ich nehme’s dankend an und marschiere los.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreiche ich Heinseter. Ich wusste, dass die Hütte geschlossen ist – aber ein Zaun, Verbotsschilder in Serie und Videoüberwachung? Das ist sagen wir mal,  ungewöhnlich. Ich esse einen Müsliriegel und marschiere gleich weiter Richtung Tuva.

Etwa eine Stunde vor der DNT-Hütte setzt der Regen ein. Mein treuer Gefährte, der Regenschirm, kommt wieder zum Einsatz. Die Schuhe sind ohnehin schon von den Mooren durchweicht – da kann die Hose auch noch was abkriegen. In Tuva habe ich Glück: Auf der windgeschützten Seite gibt’s einen Balkon der mir den Regenvom Leib hält und eine Bank – Pause bei sechs Grad. Nordisch gemütlich.

Ich prüfe den Wetterbericht: weiter Wind, weiter kalt. Ich habe schon 20 Kilometer hinter mir, aber da wächst eine Idee in mir: Wenn ich keinen geschützten Zeltplatz finde, dann ziehe ich bis Geilo durch und vertraue mal wieder auf ‚det ordner seg‘.

Und wie das so ist mit solchen Ideen – plötzlich ist man mittendrin. Der Westwind bläst gnadenlos über die Hochebene, und die wenigen windstillen Plätze sind uneben, sumpfig oder beides. Elf Kilometer vor Geilo feiere ich still meinen 500. Kilometer. 

Zum Abschied von der Hardangervidda zeigt sich auch noch die Sonne und schenkt mir einen Regenbogen. 

Fünf Kilometer vor dem Ort weiß ich: Heute schlafe ich in einem Bett. Mit frischer Bettwäsche. Nach einem warmen Essen. Und einem Bier. 

Und so kommt es. Nach 41 Kilometern lande ich in der Highland Lodge. Eine heiße Dusche, ein ordentliches Abendessen, ein Bier, ein Bett. Was will man mehr?

Ach ja: Die Hardangervidda war eigentlich für 6 Tage geplant (aber die Wege waren großteils ein Traum, das Wetter lud nicht zum Verweilen ein)– also, ich hab’s in 4 Tagen geschafft. Und obwohl ich mir jetzt 2 Pausetage gönne, bin ich dem Zeitplan immer noch einen Tag voraus. Wer’s nicht glaubt, darf nachrechnen.

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