Schnee, Schirm und Schlüsselglück

Der Tag beginnt mit Hoffnung: Vielleicht hält das Wetter ja bis Mittag – das würde genau reichen, um trocken bei der Bjordalsbu anzukommen. Also los. Die ersten sechs Kilometer ziehen sich stetig bergauf. Es ist alles grün, fast schon sommerlich… Nur das Wetter hat’s noch nicht mitbekommen.

Natürlich beginnt es irgendwann zu nieseln. Und weil ich ein geübter Optimist bin, denke ich mir: „Wird schon gleich wieder aufhören.“ Wird’s nicht. Also kommt mein treuer Regenschirm zum Einsatz – der schirmt nicht nur den Regen ab, sondern auch mein Gemüt. Nach 20 Minuten ist der Spuk vorbei. Fast.

Denn dann kommt das erste Schneefeld. Gut, kein Drama. Aber gleich hinter der nächsten Kurve wartet schon das nächste – und das meint es ernst. Am Ende stapfe ich vermutlich die halbe Strecke durch Schnee. Als wären die eiskalten Schuhe nicht genug, wollen zwei Bäche durchquert werden. Furt frei! Und Füße nass.

Die Kilometer bis zur Hütte schleichen dahin wie ein Rentier mit Jetlag. Nach 16 Kilometern stehe ich endlich davor. Ehrlich gesagt: Ich weiß nicht, was mir lieber ist – ein Marathon auf Asphalt oder das hier. Ich grüble noch.

Dann verabschiedet sich auch noch einer meiner Wanderstöcke. Einfach so. Auf einem Schneefeld. Puff – weg ist die Funktion. Ersatz muss her. Irgendwann. Später.

Dann – endlich – taucht die Hütte auf. Eingebettet zwischen dem dritten oder vierten zugefrorenen See, eine echte Oase für kalte Füße. Und ja, ich will auch wirklich nicht mehr weiter. Meine Zehen sind längst in den Zustand „taub, aber höflich“ übergegangen.

Die Hütte ist – wie erwartet – verschlossen. Und genau in diesem Moment feiere ich eine Premiere: Mein DNT-Nøkkel kommt erstmals zum Einsatz! Der heilige Gral der norwegischen Wanderkultur. Drehen, klicken, offen. Und drinnen warten sagenhafte 12 Grad – immerhin 5 mehr als draußen.

Also: Wasser holen, einheizen, raus aus den nassen Sachen. Während es draußen zu schütten beginnt und der Wind die Wände testet, fällt die Temperatur auf knackige 5 Grad. Ich sitze inzwischen im warmen Hüttenschlafsack, löffle etwas Warmes und denke nur eines:

Hier bleib ich. Morgen ist schließlich auch noch ein Tag.

Comments

  1. Nina Reiter says:

    Hei Helmut,
    vermutlich ist es nicht ganz oben auf deiner How to get in tune with Norge-Liste: happy Sankt Hans aften!!
    Es ist der Abend vor dem 24. Juni, dem Tag an dem Mittsommer gefeiert wird 😉
    Möge dir ein wenig sommerlich zumute sein, innen drin!
    Liebe Grüße, diesmal auf dem Weg nach Eggenburg (Waldviertel), das ich seit dem Urlaub liebevoll meine Hytte nenne.
    Nina

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